Zschopau-Mulde-Fahrt

Geschichte |  Strecke |  Wettkampf |  Städte |  Fahrtberichte |  Galerie |  Liederbuch |  Aktuelles

Entdeckungen in Waldheim

Vor der 25. Zschopau-Mulde-Fahrt
Aus "Der Kanusport" 2/85:

Wenn sich Ostern die Kanufamilie zur 25. Zschopau-Mulde-Fahrt in Waldheim trifft, wird sich auch Zeit finden, in dieser interessanten Stadt ein wenig Umschau zu halten, bietet sich doch eine Fülle historisch bemerkenswerter Details. Waldheim blieb von Kriegseinwirkungen weitgehend verschont. Vermutlich verdankt die 1286 zum ersten Mal erwähnte Stadt ihre Entstehung der Zschopau-Furt, die im Mittelalter vom Miriquidi, der Sachsen und Böhmen verbindenden Salzstraße, durchquert wurde.

Die erste Holzbrücke über die Zschopau wurde erstmals 1336 schriftlich genannt. Nach mehrmaligem Umbau brannte sie 1813 ab und wurde 1862 als Steinbrücke wieder aufgebaut. Seit etwa 100 Jahren hat sie ihre heutige Gestalt.

Das Rathaus ist im Jugendstil erbaut und wurde 1901 eingeweiht. Im Innern fallen wertvolle Glasmalereien und verschiedene sächsische Wappen ins Auge. Der 50 m hohe Turm ist allerdings für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Das schöne Gebäude bildet den Abschluß des Niedermarktes, auf dessen Mitte sich der 1903 geweihte Brunnen befindet. Die als Pflastermosaik gestaltete Windrose am Brunnen erinnert an den Standort der Nikolai-Kirche, die 1632 erbaut, 200 Jahre später wieder abbrannte. Die Waldheimer errichteten ihre Kirche in den Jahren 1839 bis 1842 auf dem Kellerberg neu. Sie bildet nun den Abschluß des Obermarktes. Über dem Schalloch kann man die Figur des Heiligen Sebastian sehen, der von der brennenden Nikolai-Kirche gerettet wurde. Der Heilige galt als Schutzpatron vor der Pest, die 1684 in Waldheim wütete.

Übrigens hatte Waldheim schon vor den ersten Kanu-Osterfahrten prominente Gäste beherbergt. So übernachtete Goethe im Gasthof "Zum Goldenen Löwen". Napoleon und Heinrich von Kleist trugen sich ebenfalls in die Gästebücher ein. Martin Luther revidierte 1516 das Waldheimer Kloster, das sinnigerweise später zum Zuchthaus umfunktioniert wurde.

Der Sattelplatz der ZMF liegt auf dem Gelände der Brückenmühle, deren Existenz sich bis in das Jahr 1600 zurückverfolgen läßt. Chroniken berichten, daß bereits um 1400 in der Ober- und Untermühle die Kraft der Zschopau genutzt worden ist. Dieser Fluß war sehr fischreich, vor allem soll es sehr viele Lachse gegeben haben. Dem Vernehmen nach wandten sich damals die Dienstboten der Begüterten an den Landesherren mit der Klage, sie von der täglichen Lachskost zu befreien. Sie hatten Erfolg. Fortan durfte nur noch dreimal in der Woche Lachs gereicht werden.

Neben ihrer Rolle als Energie- und Wärmequelle erlangte die Zschopau als Verkehrsweg besondere Bedeutung. Auf ihr wurden Bau- und Brennholz aus dem Erzgebirge billig in das Vorland transportiert. Der Waldheimer Flößerplatz lag bis 1852 an der Flußinsel am Kellerberg. Die für das Flößergewerbe gefährlichste Strecke befand sich oberhalb der Stadt, wo seit 1929 die Talsperre Kriebstein der Zschopau wilden Lauf bändigt. In der "Erdberscheibung Sachsens" aus dem Jahr 1888 ist zu lesen: Reißend strömt dort das Wasser vom Wehre nach dem Brückenpfeiler und von da wieder gegen den Felsen mit solchem Getöse, daß die Flößer kaum des Meisters Stimme vernehmen können". Zum Niedergang der Flößerei trug sicher auch die Errichtung der Chemnitz-Riesaer Eisenbahn bei. Die Strecke wurde am 1. September 1852 eingeweiht und ging als eine der teuersten Eisenbahnlinien Deutschlands in die Geschichte ein. Ständig steigende Baukosten prägten bald den Namen "Bankrottmeile. Der 52 m hohe Viadukt bei Steina und die gewaltige Eisenbahnbrücke bei Limmritz geben Zeugnis von den Leistungen der Ingenieure und Arbeiter, von denen nicht weniger als 21 tödlich verunglückten.

Dem fußwanderfreudigen Kanuten sei an dieser Stelle auch eine Wanderung über Waldheims Höhen empfohlen. Wer jedoch seine Kräfte nicht schon vor dem Kampf um die Ostertorte verpulvern möchte, kann es ja mit der "Erstürmung" des Wachberges und seines 1871 errichteten Aussichtsturmes versuchen.

Abschließend und ergänzend möchte ich auf den Beitrag "Muldelandschaft zwischen Leisnig und Grimma" von Rolf Krüger (DER KANUSPORT 11/80) verweisen.

Informationen erhielt ich auch von Herrn Becker, Waldheim, und von Herrn Baumgärtel, Leisnig, bei denen ich mich herzlich bedanke.

Allen modernen Nachfahren der Zschopauflößer wünsche ich eine schäumende 25. ZMF!

Roland Stelzer, Greifswald

Zurück zur Übersichtsseite der Fahrtberichte

spierentonne.de - über das Leben am, im und auf dem Wasser   ©Roland Stelzer  Impressum