Zschopau-Mulde-Fahrt

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Aus Fehlern soll man lernen (1963)

Wieder war es Ostern, und wie ein Magnet zog mich die Zschopau-Muldefahrt in ihren Bann. Kaum konnte ich es erwarten, bis uns die "Nixe" auf dem schnellen Wasser von Waldheim nach Bitterfeld trägt. Der Wasserstand war wieder einmal ideal und mit anderen 100 Booten gings dem Ziel entgegen. (Siehe Fahrtenbericht im "Kanusport" Nr. 7/1962)

Einige Wehre sind wir auch mit dem Zweier gefahren. In der Widerwelle nahmen wir zwar Wasser über, aber das gibt eben die richtige Würze - Hauptsache man kommt sitzender Weise im Boot durch und muß sich nicht schwimmend ans Ufer retten! Schon oft bin ich Wildwasser gefahren und so glaubte ich, daß ich an mir bekannten Wehren gegen das Kentern gefeit bin - weit gefehlt.

Am letzten Tag der genannten Fahrt fuhren wir ab Eilenburg. Gemeinsam hatten wir den Abend vorher im Bootshaus mit den Wanderfahrern der Republik verbracht und 6:15 gings wieder in die Boote.

In Eilenburg gibt es zwei Möglichkeiten, auf dem Wasser nach Bitterfeld zu kommen. Einmal fährt man die Slalomstrecke, geradeaus unter der Brücke hindurch, oder man wählt den Seitenarm, der rechts abbiegt. Ich kannte speziell die letztgenannte Strecke, und so gab ich den anderen gute Lehren: Steuert in der Außenkurve so an, daß ihr mit Fahrt, wegen der Steuerfähigkeit, durch die rechte Hälfte des Wehres fahren könnt. Obacht, in der Mitte steht ein Eisenträger! Steuert nicht zu weit nach außen, sonst werdet ihr an die Mauer gedrückt. - So weit so gut und richtig, es ist auch bei den anderen nichts passiert.

Dann kamen wir, mein Zweier, Elsbeth und ich in etwas Abstand. Als ich das Wehr sah, bemerkte ich, daß hinter der rechten Wehrhälfte eine größere Widerwelle als links war. Wir wollten kein Wasser übernehmen, denn die Spritzdecke schließt schlecht, so steuerte ich ein paar schnelle Schläge nach links. In der Mitte bemerkte ich den bewußten Eisenträger - und merkte, daß es knapp wird. Noch ein paar schnelle Schläge, ich ließ das Paddel sinken, denn der Sog hätte mich vorbeigezogen. Plötzlich ein Schrei aus Elsbeths Kehle, ein Ruck, und wir saßen fest.

Der Grund war, das fiel mir später wieder ein, ein breiter Zementblock und auf dessen rechter Seite sticht der Eisenträger, das hatte ich leider vergessen. So saßen wir denn auf diesem Stein, der überspült wurde. Mein erster Gedanke - aussteigen - doch als ich das Bein hebe, dreht der Kahn nach rechts weg.

Noch versuche ich, wie es uns rückwärts über die Wehrkrone spült, mich mit dem Paddel senkrecht zu halten, aber der Eisenträger bringt es fertig, daß wir Sekunden später im kühlen Wasser schwimmen. Stehen ist dort nicht möglich, den Kahn kann ich sofort wenden und so gelangen wir etwas weiter unterhalb ans sogenannte Ufer, was hier links und rechts aus einer hohen Mauer und Scherben und Steinen auf dem Grund besteht.

Auch Elsbeth steht im nassen Trikot am Ufer, glücklich das gerettete Blatt in der Hand. Als nächstes versuchen wir das Boot auszukippen, aber es geht nicht. Erst jetzt bemerke ich, daß ein 53 cm langer Riß und ein dazughöriges Loch in der Lage ist, schneller Wasser ins Boot zu füllen, als wir in der Lage sind, es zu entwässern. Am Ende gelingt es uns doch. In der Zwischenzeit ist noch ein Zweier gekentert, der uns hat "badengehen sehen". Aus Ehrfurcht sind diese Sportfreunde selbst ins Wasser gesprungen und schwimmen, neben dem Boot, übers Wehr.

Für uns war die Fahrt zu Ende, das Leck war zu groß. Hilfreich erhielten wir im Bootshaus Eilenburg Unterstützung von den Bootshausleuten, den Sportlern und dem Sportfreund Raab. Besten Dank auf diesem Weg.

Aus diesem Vorkommnis sollte man die Lehre ziehen, möglichst jedes Wehr vor dem Befahren zu besichtigen. Jedes Jahr sieht es anders aus, der Wasserstand ist verschieden, Veränderungen sind eingetreten. Im Heft 7/1962 ist das richtig gesagt. Der Einsatz ist zu teuer. Auf der anderen Seite scheint aber so etwas zu zünftigen Wanderfahrerpraxis zu gehören. Die Sektion erwartete ihre Badermeister mit großem Hallo und noch lange wird dieser Vorfall in der Erinnerung haften, länger als eine faule Sonntagsfahrt, und alles zusammen schmiedet die Gemeinschaft, die eine organisierte Sektion auszeichnen sollte.

Manfred Brader, Dynamo Dresden

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